Porträt

Foto: Timo Jaworr

Visionär Christian Kügel traut sich was. Sein Credo: Wenn man Erfolg haben will, muss man groß denken

Grüne Riesen

Zum Bierbrauen benötigt man drei Zutaten: Wasser, Malz und Hopfen. Letzteres, auch das Gewürz des Biers genannt, baut Christian Kügel an

Quelle: BMEL

Die kleinen Ortschaften Forchheim und Ettling liegen mitten in der Hallertau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt. Dort erntet Christian Kügel mit seiner Familie auf rund 33 Hektar jeden September so viel Hopfen, dass damit das gesamte auf dem Oktoberfest ausgeschenkte Bier gebraut werden könnte. Wie er zum erfolgreichen Hopfenbauern wurde, obwohl er gar kein Landwirt werden wollte? Hier seine Geschichte.

Eigentlich sollte der gelernte Landmaschinenmechaniker den Familienhof, der aus zwei Betrieben bestand, gar nicht übernehmen, sondern sein älterer Bruder Martin. Doch dann kam alles ganz anders.

Der Bruder arbeitete weiterhin bei dem Saatgutzüchter, bei dem er gerade seine Diplom­arbeit schrieb, und machte den Weg frei für Christian. Als Erstes legte dieser 2009 die beiden Betriebe zusammen und konzentrierte sich auf den Kartoffelanbau. Zu dem Zeitpunkt waren die Preise für Hopfen im Keller. Die Familie Kügel wollte ihre damals acht Hektar großen Hopfenfelder schon aufgeben. Dann änderte sich schlagartig die Marktsituation, als 2015 das amerikanische Craft Beer einen Hype erfuhr. In diesen neuen bitteren Bieren ist zehn- bis 30-mal so viel Hopfen enthalten wie in Pils oder Weizenbier. Der Absatzmarkt für Hopfen wuchs rapide, und die Hopfenhändler boten den Landwirten Acht- bis Zehn-Jahres-Verträge zu attraktiven Preisen an. Daraufhin weitete Christian Kügel den Hopfenanbau auf seinen Feldern aus und beendete die Milchviehhaltung. Damals keine leichte Entscheidung. Die Mutter als erfahrene Hopfenpflanzerin und der Vater als gelernter Landwirtschaftsmeister unterstützten ihn in seinen Plänen.

Der Hopfen gibt dem Bier seinen typischen Geschmack und Geruch und trägt zur Schaumbildung und Haltbarkeit bei

Rund 120 000 Reben mit einer jeweiligen Länge von sieben Metern erntet Christian Kügel jedes Jahr. Um diese effizient weiterzuverarbeiten, baute Christian Kügel ein imposantes Hopfenerntezentrum für drei Millionen Euro. Die zwölf Meter hohe Erntemaschine mit senkrecht laufenden Pflückbändern entwickelte der Tüftler zusammen mit einer Firma. Inspirieren ließ er sich von den in den USA eingesetzten Maschinen. „2000 Reben pro Stunde reinigt die Anlage auf schonende Weise. Die üblichen Aufbauten schaffen gerade mal 400 bis 600 pro Stunde“, erzählt Kügel. Bei dem Prozess werden Blätter, Stängel und Drähte entfernt. Wichtig zu wissen: Je besser die Dolden gereinigt sind, desto höher ist der Verkaufspreis. Anschließend werden die übrig gebliebenen Dolden in einem 19 Meter hohen Turm getrocknet, sodass sie am Ende nur noch zehn Prozent Feuchtigkeit enthalten. Danach werden sie gepresst und in Säcke verpackt. 10 000 Kilo Trockenhopfen pro Tag produziert der 37-Jährige mit seiner Familie und seinen Mitarbeitern in der Erntezeit. Zum Verständnis: In 100 Litern Pils stecken rund 120 bis 150 Gramm Hopfen.

Erntemengen der beiden größten Hopfenproduzenten weltweit in 2022

Quelle: BMEL

So funktioniert der Hopfenanbau

Hopfen ist eine Dauerkultur und bleibt ca. 30 Jahre im Feld. Von März bis April werden die Hopfenreben auf Bodenhöhe zurückgeschnitten. Dann spannt Kügel an der Hopfengerüstanlage neue Drahtseile auf sieben Meter Höhe. Die Anlage selber besteht aus Betonsäulen. Die Hopfenreben beginnen zu wachsen, rund zehn Zentimeter pro Tag. Bis Juli werden die Pflanzen gedüngt und gepflegt. Nachdem die Reben aufgehört haben zu wachsen, entwickeln sie Blüten, die im Sommer zu Dolden werden. Sechs Wochen später sind diese erntereif. Ein Abreißgerät erntet die sieben Meter langen Hopfenreben. Ein Ladewagen transportiert sie zur Weiterverarbeitung ins Erntezentrum.

„Es gibt drei Hopfenkategorien: Bitter-, Aroma- und Flavour-Hopfen. Wir haben uns auf Bitterhopfen spezialisiert, der ertragreicher ist als die anderen“, erklärt Kügel. Vom Bitterhopfen, der sich zum Beispiel in Pils befindet, baut er vier verschiedene Sorten an. Eine davon heißt ‘Herkules’. „Der Hopfen gibt dem Bier seinen typischen Geschmack und Geruch und trägt zur Schaumbildung und Haltbarkeit bei“, so Christian Kügel. Er beliefert drei verschiedene Hopfengesellschaften. Diese wiederum verkaufen den Hopfen an die Brauereien. Kügels nächste Projekte: die Erweiterung seiner Hopfenfelder auf rund 50 Hektar und ein neues Haus für die Familie. „Das Haus entwickle ich – genau wie das Erntezentrum auch selbst.“ Was dann noch kommt, lässt Christian Kügel offen. Sein jüngerer Bruder Alexander wird nach seiner Ausbildung in den Betrieb mit einsteigen.