Porträt

Foto: Susi Donner

Der Melonenmann vom Bodensee

Die Mini-Kiwis, Kiwibeeren genannt, ­nehmen es locker mit der Konkurrenz aus Übersee auf und sind dabei noch klimafreundlich

Obstbauer Daniel Willhalm aus Lindau am Bodensee baute 2017 erstmals Mini-Kiwis an. Drei Jahre später kamen Melonen hinzu. Zunächst war der Anbau nur als Experiment gedacht

Echt lecker
Daniel Wilhalm hat viel Erfolg beim Anbau von Wasser- und Honigmelonen, denn sie sind richtig saftig und süß, wenn sie geerntet werden.

Foto: Susi Donner

Keine Zauberei: ‘Gandalf’ ist zuckersüß, saftig und knallorange. Natürlich handelt es sich hierbei nicht um das Fabelwesen aus Tolkiens „Der Herr der Ringe”, sondern um eine der drei Honigmelonensorten, die im großen Folientunnel auf dem Obstbaubetrieb Willhalm in Streitelsfingen am Stadtrand von Lindau wachsen. 2017 begann der Gärtnermeister, mit Mini-Kiwis und anschließend mit Melonen zu experimentieren. Diese gelten genaugenommen als Gemüse und nicht als Früchte und zählen zu den Kürbisgewächsen. Von daher sind Melonen auch mit Gurken verwandt. Zunächst startete der Obstbauer mit knapp 50 Melonenpflänzchen. Mittlerweile sind es 500 Pflanzen verschiedener Sorten pro Jahr, vor allem Wasser- und Honigmelonen.

Die Vorzucht der Honigmelonenpflänzchen beginnt für den jungen Lindauer im April. Nach den Eisheiligen, also Anfang Mai, werden sie in dem Folientunnel in sechs Reihen ausgesetzt. Dafür bereitet der Obstbauer die vor Wind und Regen geschützte Pflanzfläche jedes Jahr aufs Neue vor. „Im ganzen Tunnel verlegen wir Bändchengewebe. Das lässt Wasser durch, aber kein Unkraut“, erklärt Willhalm junior. Über seine Bewässerungsanlage verteilt er punktgenau Wasser und bei Bedarf den mineralischen Flüssigdünger, der den Pflanzen Kraft gibt. „Ab Mitte Juli ist die erste Sorte reif. Dann geht es mit der Ernte bis Ende September weiter.“ Vier bis fünf Melonen pro Saison produziert eine Pflanze. „Honigmelonen mögen es warm, aber nicht zu nass. Diese Bedingungen bietet der Folientunnel. Wenn es im Winter nicht zu kalt würde, könnte ich fast das ganze Jahr über reife Melonen ernten.“

Wassermelonen sind noch unkomplizierter. Sie haben eine dickere, unempfindliche Schale und gedeihen bei den Willhalms draußen auf dem Freiland, ­genau wie die Mini-Kiwis.

  • Die Honigmelone ist außen schön gelb und verströmt einen intensiven Duft.
  • Bei leichtem Druck gibt sie etwas nach, und um den Stiel bilden sich feine Risse.
  • Eine reife Wassermelone hat einen hohlen Klang, wenn man gegen sie klopft.
  • Reife Wassermelonen sind schwerer als gleich große Melonen, die noch nicht reif sind.
  • Hat eine Wassermelone einen gelben Fleck, ist sie an der Stelle auf dem Feld mit der Erde in Berührung gekommen.
  • Ist der Fleck intensiv gelb, kann sie schon überreif sein.
  • Anbauer erkennen den ­Reifegrad einer Wassermelone an der kleinen Blattranke, die an der Pflanze aus demselben Knoten wie der Fruchtstiel entspringt.
  • Wenn dieses Blättchen eingetrocknet ist, kann die Melone geerntet werden.

Erste Erfahrungen mit dem Melonenanbau

Daniel Willhalm, der den Betrieb mit seinen Eltern, seiner Großmutter, einer Festangestellten, mehreren Markthilfen und Saisonarbeitern bewirtschaftet, erinnert sich an die Experimentierphase: „Damals habe ich die krautigen Melonenpflanzen an einer Schnur hochgezogen. Das sah zwar gut aus, aber war extrem aufwendig.“ Mittlerweile ranken die Pflanzen mit ihren gelben Blüten meterweit über das dunkle Schutzgewebe direkt über dem Boden und entwickeln Früchte – mal in Baseballgröße, mal so groß wie eine Pampelmuse.

Genau wie die Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Himbeeren oder die Tomaten, Zucchini, Auberginen und Gurken verkauft der Betrieb seine Melonen und Kiwibeeren jede Woche auf den Märkten in Kempten, Füssen, Lindenberg und direkt ab Hof an die Endverbraucher.

„Zuerst waren unsere Kunden skeptisch und nahmen an, die Melonen seien nicht so saftig und süß wie die Früchte, die aus Südeuropa zu uns kommen. Dabei ernten wir unser Obst erst, wenn es wirklich reif ist. Die Ware aus Südeuropa wird unreif transportiert und reift dann nach. Das wirkt sich negativ auf den Geschmack aus“, erläutert der 30-Jährige. Und noch ein Vorteil: „Unsere Früchte müssen keine Tausende von Kilometern transportiert werden. Dadurch sind sie viel nachhaltiger und klimafreundlicher“, freut sich Daniel Willhalm.

Unsere Früchte müssen keine Tausende von Kilometern transportiert werden

Meisterarbeit über Mini-Kiwis

Auch seine sieben Sorten Mini-Kiwis erfreuen sich auf den Märkten größter Beliebtheit. „Ich wollte sogar mal meine Meisterarbeit über die Früchte schreiben, aber das wurde abgelehnt, weil meine Prüfer sich damit nicht auskannten“, erzählt der Landwirt. Er hat mittlerweile jede Menge Erfahrungen mit den Früchten gesammelt, die eine ganz glatte Haut haben und nicht größer als ein Daumen oder eine Himbeere sind. „Sie wachsen draußen an Spalieren und sind frosthart. Nur wenn es im April Spätfröste gibt und sie gerade anfangen auszutreiben, kann die Ernte später geringer oder sogar ganz ausfallen“, erklärt Willhalm. Besonders im Mai stehen die Mini-Kiwis im Fokus vieler Insekten. „Dann blühen sie und ziehen unglaublich viele Bienen und andere Kleintiere an.“ Ab September ist Erntezeit. „Leider reifen die Früchte eines Strauchs nicht gleichmäßig ab. Deshalb messe ich deren Zuckergehalt und lege danach den Erntezeitpunkt fest. Die Kiwibeeren, die dann noch nicht reif sind, kommen ins Kühlhaus und reifen dort nach.“

Daniel Willhalm ist mit seiner Experimentierfreude noch lange nicht am Ende. „In diesem Frühjahr wollen wir uns an die großen Kiwis heranwagen.“ Wenn man ­bedenkt, dass der Obsthof in den Siebzigerjahren noch ein Milchviehbetrieb war, hat dieser in den letzten 50 Jahren einen enormen Wandel vollzogen. „Wer weiß, was wir künftig noch so anbauen“, sinniert Daniel Willhalm. „Ich habe jedenfalls einen wunderschönen Beruf und kann das ganze Jahr hindurch beobachten, wie sich unser Obst und unser Gemüse entwickeln.“ Nur zu 100 Prozent Einfluss nehmen kann er nicht. „Ein Sturm, und schon kann eine Ernte zerstört sein. So wie im letzten Jahr, als ein Wind mit 140 Stundenkilometern unseren Folientunnel zerlegt hat. Es war nichts mehr zu retten.“ Da bleibt dann nur noch der Besuch in der Praxis seiner Schwester. Sie ist Physio­therapeutin und kann die verspannten Muskeln ihres Bruders nach einem arbeitsreichen Tag behandeln.