Foto: Ralph Sondermann

Alleskönner-Roboter Der Roboter kann Gemüse- und Salatsorten voneinander unterscheiden. Er pflanzt, pflegt, erntet und sortiert sie verkaufsfertig in Kisten

Zukunftsmaschinen für Gemüsefelder

Der diesjährige Innovationspreisträger Dr. Josef Franko baut mit seinem Ingenieurteam von AI.Land intelligente, vollautomatische, autonome Feldroboter und testet sie auf dem Familienhof in Krefeld

Foto: Ralph Sondermann

Dieser Mitarbeiter wird nie müde. Er braucht keinen Feierabend, kein Wochenende und keinen Urlaub. Vielmehr lädt er seine Energie durch Solarzellen auf und arbeitet völlig autonom. Er kann Eisbergsalat von Blumenkohl unterscheiden. Er pflanzt selbstständig Gemüsesorten und Salate an, düngt sie präzise, wenn sie Nährstoffe benötigen, entfernt Unkraut, erntet die reifen Lebensmittel und packt sie sofort in Kisten ab, sodass diese ohne Umwege in den Direktverkauf gelangen und damit beim Verbraucher auch wirklich ankommen. Durch die üblichen Vertriebswege über Zwischenhändler oder Verteilerzentren gehen heute bis zu 50 Prozent der produzierten Gemüseernte verloren.

An diesem Mehrzweckroboter, der aussieht wie ein langes Konstrukt aus verschiedenen metallenen Traversen mit Solarpanels, wurde nunmehr über 15 Jahre lang getüftelt. Dr. Josef Franko und 15 Ingenieure der AI.Land GmbH entwickelten ihn. In diesem Jahr gewannen Franko und sein Team den Innovationspreis Moderne Landwirtschaft, der vom Landwirtschaftsmagazin „top agrar“ und dem Forum Moderne Landwirtschaft verliehen wird.

Der Experte für angewandte Automation und Robotik studierte an der Fachhochschule Aachen und arbeitete bei Siemens und dem Fraunhofer Institut, bevor er 2020 sein Unternehmen gründete.

Franko stammt von einem Milchviehbetrieb mit rund 250 Tieren aus Krefeld. „Einer meiner drei Brüder leitet den Familienbetrieb, während ich mich für moderne Landtechnik zuständig fühle. Schon als ich meinen Treckerführerschein vor über 20 Jahren machte, habe ich davon geträumt, landwirtschaftliche Arbeiten zu automatisieren.“

Zunächst baute er gemeinsam mit Wissenschaftlern des MASKOR Instituts für mobile autonome Systeme und kognitive Robotik in Aachen einen Prototypen des ETAROB, ein intelligentes, multifunktionales Gerät, das nun auf dem heimischen Hof zum Beispiel für die Auswertung von Wasserstoffantrieben für automatisierte Feldarbeiten eingesetzt wird.

Mehr Geld mit Gemüse

„Der eigene Maschinenbau eröffnet unserem Familienbetrieb neue Chancen, da wir nicht mehr auf Geräte aus der Wirtschaft warten müssen“, schwärmt der Nordrhein-Westfale. „Wir stellen Wasserstoff aus Biogas her, mit dem wir unsere Fahrzeuge betanken können. Neben Milch verkaufen wir auch grünen Strom aus der Biogasanlage. Demnächst sollen noch weitere Produkte dazukommen. Landwirtschaftliche Betriebe haben das Potenzial, sich vollständig autark aufzustellen und im kleinen Modell ein Vorbild für die Wirtschaft zu werden.“

Der Technologiefachmann hat Großes vor. „Wir denken ganzheitlich und in Kreisläufen.“ Er will gemischte Freiland-Gemüsefelder anlegen und diese automatisiert bearbeiten. Auf diese Weise erhöht er den Wert der Ackerflächen. „Rund 60 Prozent des in Deutschland verkauften Gemüses stammt aus dem Ausland, obwohl es hierzulande ähnlich gut gedeihen würde“, weiß Josef Franko zu berichten. Stattdessen rollen täglich über 1000 LKW mit Gemüse und Salat beladen über Deutschlands Straßen, um Tomaten aus Marokko und Salat aus Spanien an Handelsgeschäfte zu verteilen. „Unsere Landwirte könnten das Fünffache mit ihren Flächen verdienen, wenn sie anstelle von Zuckerrüben und Getreide Sonderkulturen wie Gemüse anpflanzten. Und klimaschonender wäre es auch. Doch die teuren Arbeitskräfte und das Risiko, Saisonarbeiter überhaupt zu finden, sowie die beschwerlichen Arbeiten, die noch per Hand gemacht werden, lassen sie davor zurückschrecken.“

Foto: CDU-Landtagsfraktion | Ralph Sondermann [A]

Foto: CDU-Landtagsfraktion | Ralph Sondermann [A]

Roboter sind die Zukunft

Der neue automatisierte und autonome Gemüseroboter soll die deutsche Landwirtschaft revolutionieren. „In der Anschaffung ist er deutlich billiger als ein herkömmlicher Agrarroboter, und er hat sich in rund sechs Monaten amortisiert.“

Der Traktor, egal wie groß und modern er auch ist, hat für Franko ausgedient. „Automatisierten und autonomen Robotern gehört die Zukunft in der Landwirtschaft“, sagt er. Wenn die Landwirte kooperieren, möchte der Jungunternehmer den Zugang zu den notwendigen Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) kostenfrei anbieten. „Dann können auch kleine Betriebe von den Zukunftstechnologien profitieren und zum Beispiel frisches Gemüse anbauen. Wir brauchen weniger landwirtschaftliche Betriebe, die sich nur auf die Produktion einer Sache konzen­trie­ren. Jeder noch so kleine Hof sollte sich die Technik beschaffen können, um trotz Fachkräftemangel in allen Bereichen aktiv zu sein.“

Die schon vorgegebenen Kreisläufe in der Landwirtschaft könnte dann jeder Betrieb für sich nutzen, erklärt Franko weiter. „Ackerbau ohne Tierhaltung ist ungünstig. Tiere fressen die pflanzlichen Dinge, die wir Menschen nicht verwerten können, und produzieren den Dünger, den wir für den Ackerbau brauchen. Gemeinsam mit Partnern bereiten wir die Gülle unserer Tiere auf und veredeln diese zu Gemüse­dünger. Damit schließt sich wieder ein Kreis.“

Für die Zukunft wünscht sich Josef Franko, dass sich Deutschland unabhängig macht, auch im Gemüseimport. „Wir haben so viele Innovationen geschaffen. Jetzt ist es an der Zeit, diese in die Tat umzu­setzen und offener zusammenzuarbeiten als bisher.“ Containerdörfer mit Saisonarbeitern sind für ihn passé. „Mit künstlicher Intelligenz und Robotik kann Deutschland die modernsten landwirtschaftlichen Unternehmen betreiben und zukünftig das Know-how einer Kreislaufwirtschaft ins Ausland exportieren.“

Das perfekte Doppel

Zum dritten Mal verliehen das Forum Moderne Landwirtschaft und das Fachmedium „top agrar“ den Innovationspreis Moderne Landwirtschaft. Hier stellen wir Preisträger Thomas Domin vom Landwirtschaftsbetrieb Domin vor. Er setzt auf ein erfolgreiches Duo, auf Agrar und Forst

Mit dem Preisgeld in Höhe von 5 000 Euro will Thomas Domin noch mehr Bäume pflanzen und die Wirksamkeit von Agroforst weiter öffentlich machen

Foto: C. Boehm

Grünland und Ackerflächen, so weit das Auge reicht. Unterbrochen werden die riesigen Felder durch lange Baum- und Strauchreihen aus Erlen, Pappeln, Esskastanien, Robinien, Baumhasel und verschiedenen Obstbäumen. Vor rund zehn Jahren pflanzte Thomas Domin zum ersten Mal schnell wachsende Gehölze auf seinen Acker- und Wiesenflächen an – immer entgegen der Hauptwindrichtung. Durch das ausgeklügelte Agroforstsystem gelingt es ihm seitdem, die Windgeschwindig­keiten auf seinen Betriebsflächen um bis zu 90 Prozent zu verringern und damit die Erosion, also den Verlust von fruchtbarem Boden, gen null zu bringen. „Unsere brandenburgische Erde ist so trocken, dass bei Wind wahre Sandstürme entstehen“, erklärt der diesjährige Sonderpreisgewinner im Bereich regenerative Landwirtschaft.

Das bedeutete, dass ihm sein Hauptproduktionsmittel, nämlich der Boden samt seinen wenigen Humusanteilen, regelmäßig davonflog. „In unserem Dorf mussten wir sogar einmal Hausfassaden einer Neubausiedlung neu streichen lassen, weil so viel Sand gegen die frisch geputzten Wände geweht war“, erinnert sich der Landwirt aus Peickwitz bei Senftenberg.

Agroforst: multifunktional und effizient

Forstwissenschaftler Dr. Christian Böhm brachte Domin auf die Idee, dessen 320 Hektar großen Acker- und 50 Hektar großen Grünlandflächen mit Gehölzen zu schützen. „Agroforst ist genauso multifunktional wie ein Schweizer Messer“, freut sich der Mitbegründer des Deutschen Fachverbands für Agroforstwirtschaft (DeFAF). „Dank der Baumreihen können wir mehr Feuchtigkeit in unseren trockenen Böden halten. Gleichzeitig bieten wir vielen Wildtieren, Vögeln und Insekten ein neues Zuhause. Auch das Bodenleben profitiert von den Gehölzstreifen. Außerdem beschatten wir mit den Bäumen die Gewässer. Das führt zu weniger Algenbildung und Verkrautung.“ Auch seine Rinder und sein Geflügel, die von Frühjahr bis Herbst auf den Wiesen weiden, freuen sich über die Schatten spendenden Bäume.

„Die Umweltleistungen von Agroforstsystemen sind enorm. Die Holzhackschnitzel wandeln wir in einem entsprechenden Heizkessel zu Wärme um und generieren daraus Energie, die wir auf unserem Hof verbrauchen. Wir wollen aus den Hackschnitzeln künftig außerdem Pflanzenkohle machen und diese zur Bodenverbesserung in die Äcker einbringen“, erläutert der Landwirtschaftsmeister. Davon verspricht er sich, die Nährstoff- und Wasserspeicherkapazität in seinen Böden zu erhöhen und Kohlenstoff langfristig im Boden zu binden. Erste Versuche hat der Betrieb bereits gestartet.

„Vor über zehn Jahren war es noch undenkbar, dass man Bäume auf die Ackerflächen pflanzte. Aber inzwischen haben viele Landwirte die Vorteile von Agroforstsystemen erkannt“, sagt Domin. So ist der DeFAF seit Gründung 2019 von ursprünglich 80 Mitgliedern auf mittlerweile 500 angewachsen.

Von links: Nikola Steinbock, Landwirtschaftliche Rentenbank; Roman Strasser, Markgräflich Badische Verwaltung; Philipp Bettmann, Ferienhof Bettmann; Thomas Domin, Landwirtschaftsbetrieb Domin; Matthias Schulze-Steinmann, topagrar; Lea Fließ, FML

Foto: A. Birkenfeld

Experimentierfreudig

Thomas Domin arbeitet auf seinem Hof aber nicht nur umwelt- und klimabewusst, er experimentiert auch mit ungewöhnlichen Kulturpflanzen wie zum Beispiel mit äthiopischer Zwerghirse, Teff genannt. „Das gesunde, glutenfreie Grundnahrungsmittel wird in Biobäckereien verwendet“, erklärt der Landwirt. „Leider sind die Körner so fein wie Sandstaub, und genau den konnten wir nach der Ernte nicht aussieben. Daher hat es beim Verzehr unserer Hirseplätzchen geknirscht“, erzählt er uns schmunzelnd.

Thomas Domin experimentiert weiter. „In diesem Jahr bauen wir zum ersten Mal Champagnerroggen an. Dies ist eine alte Roggensorte, die sehr robust ist und gut mit den klimatischen Bedingungen in Südbrandenburg klarkommt.“ Wenn der Name hält, was er verspricht, wird die Ernte wohl prickelnd werden.