Verbraucher

Foto: Kathrin Spirk | Ackerhelden

Deutschlandweit können Interessierte kleine Feld- und Gartenflächen mieten und darauf nach ­Herzenslust „ackern

Die neue Lust
auf’s Gärtnern

Tomaten, Mangold, Salat & Co.: Gesundes Gemüse selbst anbauen macht Spaß. In einem Mietgarten können Naturfreunde ihr eigenes Bio-Gemüse ernten. Die „Ackerhelden“ bieten dafür im gesamten Bundesgebiet kleine Feldparzellen auf Zeit an

Vierzig Quadratmeter pures Gemüseglück am Stadtrand von Essen. Für Sandra Koch gehört es zu den schönsten Auszeiten der Woche, wenn sie nach einem langen Arbeitstag in ihrer Parzelle auf dem Feld nach dem Rechten schaut. An der frischen Luft sein, die warme Erde in den Händen spüren, Unkraut zupfen, den Boden auflockern und nach getaner Arbeit entspannt und erfüllt die eigene Ernte nach Hause tragen: Seit sieben Jahren ist die 44-jährige Mathematikerin mit großer Begeisterung in ihrem 20 Meter langen und zwei Meter breiten Outdoor-Paradies aktiv. „Das Schöne ist, dass wir die ganze Saison über frisches Gemüse haben. Dadurch ernährt man sich deutlich gesünder, denn das, was geerntet wird, muss dann auch gegessen werden“, sagt die fleißige Ackerheldin. Von Anfang Mai bis Ende Oktober dauert die Saison im Mietgarten. 249 Euro pro Gartenjahr zahlt Sandra Koch für ihr kleines Gemüsefeld, das auf dem Bioland-Betrieb Klosterberghof im Osten von Essen liegt.

Hochbeete können auf Terrassen von Privatpersonen oder Unternehmen aufgestellt werden

Fotos: Kathrin Spirk | Ackerhelden

Kita-Kinder profi­tieren davon, wenn sie früh lernen, wie Lebensmittel angebaut werden.

Sandra Koch ist bereits seit sieben Jahren Mieterin einer Feldparzelle

Fotos: Kathrin Spirk | Ackerhelden

Von Profis vorbereitet

Um den Traum vom selbst gezogenen Gemüse in die Tat umzusetzen, braucht man nicht mit einem grünen Daumen zur Welt gekommen zu sein. „Vor der Saison wird das gemietete Stück Ackerland professionell von uns vorbereitet“, erklärt „Ackerhelden“-Gründer Tobias Paulert. Er rief das Unternehmen 2012 mit seinem ehemaligen Schulfreund Birger Brock ins Leben. „Frei von chemischen Pflanzenschutzmitteln und mineralischen Düngern bepflanzen wir den Mietgarten mit 20 verschiedenen Jungpflanzen. Dazu gehören zum Beispiel Asia- oder Kopfsalate, Mangold, rote und gelbe Zwiebeln, Kräuter, aber auch essbare Blumen“, zählt Tobias Paulert auf. Besonders praktisch: Gartengeräte und Wasser stehen direkt vor Ort zur freien Verfügung. Nach der Übergabe der Parzelle hat jeder Ackerheld die Möglichkeit, nach eigenen Vorstellungen sein Lieblingsgemüse zu pflanzen. „Wir möchten, dass unsere Ackerheldinnen und Ackerhelden aktiv in Bewegung sind und im wahrsten Sinne des Wortes ins ,Ackern‘ kommen. Durch ihre Arbeit auf dem Feld lernen sie den Wert der Lebensmittel kennen und können Qualitätsunterschiede besser wahrnehmen“, so Paulert weiter. „Wer sein Gemüse mit eigenen Händen anpflanzt, pflegt und erntet, entwickelt ein anderes Bewusstsein dafür.“ Das kann Sandra Koch nur bestätigen: „Das Gemüse schmeckt teilweise ähnlich wie das aus dem Bio-Supermarkt. Die Tomaten aus unserem Garten haben sogar noch einen deutlich frischeren und intensiveren Geschmack. Ohnehin ist es immer ein besseres Gefühl, das selbst geerntete Gemüse zu essen.“

Quelle: Civey für Forum Modernde Landwirtschaft

Gartenkompass 2024

Die Nachfrage nach einem Gemüsegarten auf Zeit ist groß. Allein bei den „Ackerhelden“ gehen inzwischen mehr als 20 000 Freizeitgärtnerinnen und Gärtner an elf Standorten sowie in Unternehmens- und Schulgärten in ganz Deutschland einer gesunden und nachhaltigen Selbstversorgung nach. Dass Obst, Gemüse, Kräuter und Blumen aus eigenem Anbau im Trend liegen, beweist ebenfalls ein Blick in den aktuellen Gartenkompass, den das Forum Moderne Landwirtschaft mit dem Meinungs- und Marktforschungsinstitut Civey veröffentlicht hat. Danach besitzen 60 Prozent der befragten Deutschen einen Garten, 35 Prozent einen Balkon. Ein Drittel der Teilnehmenden nutzen ihre Rückzugsflächen bereits dafür, regelmäßig Obst und Gemüse anzubauen. 86 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen der Erhalt der Artenvielfalt wichtig sei, 66 Prozent setzen daher vor allem auf bienen- und insektenfreundliche Pflanzen.

Obwohl wir uns einen Acker zu viert teilen, haben wir oft so viel Gemüse übrig, dass wir immer mal welches an Freunde und Familie verschenken.

Sandra Koch

Reichhaltige Ernte

Einen Mietgarten zu unterhalten bedeutet Verantwortung zu übernehmen, denn neben der Gemüsesaat sprießen auch Unkräuter, die es regelmäßig zu entfernen gilt. „Je nach Wetterlage verbringe ich circa drei Stunden in der Woche mit der Pflege und der Ernte des Gemüses“, schätzt Sandra Koch. Ihre Arbeit wird reichhaltig belohnt: „Obwohl wir uns einen Acker zu viert teilen, haben wir oft so viel Gemüse übrig, dass wir immer mal welches an Freunde und Familie verschenken.“ Neulinge auf dem Acker werden tatkräftig unterstützt. Wem es etwa schwerfällt, Unkraut und junge Kulturpflanzen zu unterscheiden, der schickt einfach ein Foto oder ein Video an das Beratungsteam der „Ackerhelden“ und erhält schnell die passende Antwort.

Hochbeete in der Stadt

Auch für Balkon- und Terrassengärtner in der Stadt haben die „Ackerhelden“ eine Lösung parat. Vom zusammenschraubbaren Hochbeet über das Saatgut bis hin zum pflanzlichen Dünger wird alles in einem Komplettset und in Bio-Qualität nach Hause geliefert. „Das Hochbeet kann ganz leicht mit nur acht Schrauben aufgebaut werden“, betont Tobias Paulert. Viele Unternehmen und Bildungseinrichtungen nutzen die praktischen Minigärten, um Mitarbeitende oder Kita- und Schulkinder mit frischem Gemüse zu versorgen. Für Sandra Koch ist das Hochbeet keine Option. Sie bleibt weiterhin ihrem Mietgarten treu. „Auf dem Acker kann man herrlich abschalten. Wir sind im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder dabei!“

Mietgärten zur Auswahl

Neben den Ackerhelden, die reine Bio-Landwirtschaft betreiben, setzt auch der Anbieter Meine Ernte auf Selbstversorgung. Deutschlandweit werden an 31 Standorten stadtnah Mietgärten in verschiedenen Größen (20 bis 90 Qua­dratmeter) angeboten.

Das Netzwerk Unser Land/Sonnenäcker, ein Zusammenschluss aus 300 landwirtschaftlichen Betrieben in Süddeutschland, stellt Gartenfreunden gegen eine geringe Pacht fruchtbare Ackerflächen zur Verfügung und berät sie bei Anbau und Pflege von Gemüse, Kräutern und Blumen.

Auf der Webseite urbane-gaerten.de sind innerstädtische Gemeinschaftsgärten in Deutschland verzeichnet. Hier steht das gemeinschaftliche Säen und Ernten im Vordergrund.